Dienstag, 8. Mai 2012

Deutschlands vorläufiger EM-Kader: Ein kurzer Kommentar



Er wurde mit Spannung erwartet-der vorläufige EM-Kader der deutschen Nationalmannschaft zur EM 2012 in Polen und der Ukraine. Wie immer wurde lebhaft diskutiert, auch wir hatten unsere Ideen, der allgemeine Tenor schien jedoch zu sein, dass es keine großen Überraschungen gab. Wir wagen einen Blick auf den Kader.





Tor



Manuel Neuer (Bayern München), Tim Wiese (Werder Bremen), Ron-Robert Zieler (Hannover 96), Marc-Andre ter Stegen (Borussia Mönchengladbach) 




Alles in allem gab es hier keine großen Überraschungen. Hinter den gesetzten Neuer und Wiese folgten Zieler und ter Stegen aus Gladbach. Das man auf den notenbesten Keeper der Liga mit Bernd Leno ebenso nicht nominierte wie zwei andere herausragende Keeper der vergangenen Saison, Ulreich und Weidenfeller, zeigt wieder einmal die außergewöhnliche Qualität, die Deutschland auf der Torhüterposition zu verzeichnen hat. 




Nun sind die Spekulationen in höchstem Gange, dass Löw sich dafür entscheidet seine momentane Nummer Zwei, Tim Wiese, am 29. nicht für die EM zu nominieren, was mich doch arg verwundert. Wiese ist seit der EM 2010 und dem Ausfall von Rene Adler die klare Nummer Zwei in der Nationalmannschaft und hat diese Rolle auch still und leise ertragen. An Neuer führt kein Weg vorbei und auch wenn Wiese nicht seine beste Saison für Bremen absolvierte und sein Wechsel nach Hoffenheim kontrovers ist, erscheint es äußerst unwahrscheinlich, dass man sich ein Problem erschafft. Der nächste Punkt ist, dass Wiese der einzige der drei Neuer-Stellvertreter ist, der über viel Erfahrung verfügt. Das man 2010 Hans Jörg Butt nominierte ergab sinn, jedoch spricht wenig gegen eine Nominierung Wieses.




Abwehr




Philipp Lahm (Bayern München), Holger Badstuber (Bayern München), Jerome Boateng (Bayern München), Mats Hummels (Borussia Dortmund), Benedikt Höwedes (Schalke 04), Per Mertesacker (FC Arsenal), Marcel Schmelzer (Borussia Dortmund) 




Die Abwehr bleibt weiterhin das Sorgenkind der Nationalmannschaft. Sieben Verteidiger sind für eine Schlussrunde ausreichend, deswegen sollte man auch nicht davon ausgehen, dass in diesem Bereich gestrichen wird. Dies wird voraussichtlich nur der Fall sein, wenn man Mertesacker nicht attestiert, dass er fit genug ist. 




Das große Problem in der Verteidigung ist jedoch der Mangel an guten Außenverteidigern. Die Innenverteidigung ist mit Badstuber und Hummels, sowie Mertesacker und Boateng als Ersatz, sehr gut aufgestellt, gerade im spielerischen Bereich. Auf den Außenpositionen ist allerdings wieder Ebbe. 




Auch 2010 war es um diese Position nicht gut bestellt. Man hatte Aogo, Jansen, Boateng und mit Abstrichen Friedrich, die sich um den Platz gegenüber von Lahm stritten. Betrachtet man die Situation dieses Jahr hat man wieder einen Außenverteidiger der Kategorie Weltklasse mit Lahm, doch wer übernimmt die andere Seite?




Unmittelbar erscheint Schmelzer hier als der logische Pendant. Lahm könnte rechts spielen und der Dortmunder die linke Seite beackern. Für den Dortmunder spricht ebenfalls, dass kein anderer Außenverteidiger außer Lahm eine bessere Runde spielte. Doch es gibt ein aber. 




Schmelzer ist der Typ Spieler, der seine Stärken nicht in der Defensive hat und hinzu von einem überragenden Kollektiv in Dortmund getragen wird, was seine Schwächen oft vergessen lässt. Hier ist gerade Kevin Großkreutz von großer Bedeutung gewesen. Dieser ist jedoch nicht dabei, wenn es in Polen und der Ukraine um den EM-Titel geht. Geht man von einem Podolski auf der Position des linken Mittelfeldspielers aus kann einem jetzt schon etwas angst und bange werden.

Einige werden hervorheben, dass dies meckern auf sehr hohem Niveau ist, und das ist es auch-da wir uns auf diesem befinden. Von daher muss man in Frage stellen, wieso Löw nicht auf einen extra Kandidaten für die Außenverteidigerposition zurückgegriffen hat. Die Kandidaten waren vorhanden mit Kirchhoff, Jantschke, Castro und auch Pander. 




Mittelfeld




Bastian Schweinsteiger (Bayern München), Thomas Müller (Bayern München), Andre Schürrle (Bayer Leverkusen), Lukas Podolski (1. FC Köln), Mesut Özil (Real Madrid), Sami Khedira (Real Madrid), Marco Reus (Borussia Mönchengladbach), Mario Götze (Borussia Dortmund), Lars Bender (Bayer Leverkusen), Sven Bender (Borussia Dortmund), Ilkay Gündogan (Borussia Dortmund), Toni Kroos (Bayern München), Julian Draxler (Schalke 04) 

Das Prunkstück der deutschen Nationalmannschaft und in der Breite, und vom Potential, vielleicht das beste Mittelfeld der Welt. Schweinsteiger, Müller, Podolski, Özil, Khedira, Götze, Reus sowie Kroos sollten gesetzt sein. 




Dies überlässt uns mit den potentiellen Streichkandidaten: Schürrle, Lars Bender, Sven Bender, Gündogan und Draxler.




Mit großer Wahrscheinlichkeit werden Minimum zwei, vielleicht sogar drei, der Mittelfeldspieler die Heimreise antreten müssen-die Frage ist wer wird der Pechvogel?




Auf den ersten Blick spricht vieles für Lars Bender, Gündogan und Julian Draxler, doch es gibt gute Gründe alle drei zu behalten:







Gündogan verkörpert neben Kroos und Schweinsteiger den Typ "spielenden 6er" wie kein anderer im Kader, während Lars Bender der einzige "Box to Box" Mittelfeldspieler vom Typ Khedira ist. Für Draxler spricht nicht nur seine Nominierung jetzt ,sondern wie Löw auch hervorhob, dass seine Spiel- und Dribbelstärke sowie seine Spielintelligenz ihn von anderen Spielertypen unterscheidet. Alle Spieler sind auf ihre Weise also speziell und wichtig, die Frage ist natürlich wie so oft wie viele "ähnliche" Spielertypen man zu einem Turnier mitnimmt. 




Unmittelbar liegt der Verdacht nahe, dass man auf den "Zerstörer" Sven Bender verzichtet, auch aufgrund seiner Verletzungen gegen Ende der Saison, sowie Schürrle außen vor lässt, da dieser dem Spiel nichts neues bietet, was man auf einer eventuellen Bank nicht sowieso mit einem Reus/Podolski und Götze/Müller hat. Draxler ist die große unbekannte Komponente, ein Lars Bender wird als sicherer Kandidat für die Heimreise gehandelt bietet dem Spiel jedoch etwas, was sonst nur Khedira bieten kann-was ihn besonders wertvoll machen kann.




Sturm





Miroslav Klose (Lazio Rom), Mario Gomez (Bayern München), Cacau (VfB Stuttgart) 




Viele beschwerten sich hier, dass Löw nur 3 Stürmer nominierte, doch wer sich den Kader ansieht erkennt schnell, dass dies nicht der Fall ist. Podolski, Müller, Schürrle und Reus können allesamt im Sturm spielen, von daher hat man schon zu viele Stürmer, wie wir in unserer Prognose zu einem eventuellen dritten Stürmer auch aufzeigten.




Cacau ist natürlich wie eh und je der Zankapfel der Fußballfans, da keiner so richtig versteht, wieso man den Stuttgarter nominiert. Auch ich habe damit weiter meine Probleme, vertraue jedoch ganz auf den Bundestrainer, der in fast allen seinen Entscheidungen richtig lag bis jetzt. Einen Helmes nicht zu nominieren halte ich für richtig, da er ein klassischer Mittelstürmer ist und diesen hat man bereits mit dem Spielertyp Klose, auch wenn dieser weite Wege geht, und Mario Gomez. Löw erhofft sich anscheinend von Cacau, dass er als Joker für Wirbel sorgen kann, außerdem wird er für das Mannschaftsklima sicherlich nicht der schlechteste Spieler sein. Man sollte Cacau jedoch nicht abschreiben, wenn es um die Streichkandidaten geht.




Der Unterschied zu 2010




Dem Bundestrainer wird oft vorgehalten zu oft und lange an altgedienten Spielern festzuhalten, deswegen lohnt sich ein Vergleich mit dem finalen Kader der WM 2010. Mehr als ein drittel aller Spieler der WM 2010, acht Stück, sind nicht einmal mehr im vorläufigen Aufgebot dieser EM zu finden. Hier sprechen wir von Butt, Aogo, Jansen, Tasci, Friedrich, Marin, Kießling und Trochowski. Zyniker würden also sagen, dass es gerade den HSV arg erwischt hat und diese von einer neuen Dortmund-Lobby abgelöst worden, nachdem die Schwaben-Lobby auch nicht mehr existent ist (achtung Ironie).




Vergleicht man mit dem diesjährigen Kader fällt sofort auf, was für eine unglaubliche Qualität man zur Verfügung hat:




Im Tor nun Zieler und ter Stegen, plus etliche andere talentierte Torhüter in der Liga.




In der Abwehr verfügt man nun über einen Mats Hummels und einen Marcel Schmelzer und erlaubte sich Spieler wie Kirchhoff, Jantschke und andere (wenn auch zu unrecht) nicht zu nominieren.




Im Mittelfeld verfügt man nun über einen Götze, einen Reus und die Benders sowie Schürrle, Gündogan und viele anderen.




Und im Sturm kann man sich erlauben zwei Granaten in der Rückrunde, Helmes und Kießling, nicht zu nominieren, auch der spielstarke Mike Hanke fand keine Berücksichtigung.




Wer muss gehen? Eine sehr frühe Prognose




Natürlich ist es noch sehr früh dies zu prognostizieren, auch weil der Faktor Verletzungen noch mit rein spielen kann. Orakeln wir jedoch, dass alle Spieler fit bleiben kommt man auf folgende Streichkandidaten:




Zieler




ter Stegen




Draxler




Sven Bender




Lars Bender




Schürrle




Cacau




Gündogan




Ein spontaner Tipp tendiert zu diesen vier Spielern:




ter Stegen




Sven Bender




Schürrle




Gündogan




Fazit




Die EM steht vor der Tür und man kann ruhigen Gewissens sagen, dass Deutschland mit diesem Kader und der Breite als Titelfavorit in das Rennen geht. Alles andere als ein Finaleinzug wäre eine Enttäuschung für diese goldene Generation. 




Sorgen macht einem die Position des Außenverteidigers und dies ist auch der einzige Kritikpunkt an Löw, dass man das Mittelfeld derart überladen hat in seiner Nominierung. Jedoch haben auch die Spanier und Niederländer ihre Probleme auf dieser Position, anscheinend eine Krankheit im Weltfußball zur Zeit.




Die verschiedenen Spielertypen werden das Rätselraten um die Streichkandidaten jedoch in Gange halten und eines ist sicher: Kaum ein Team hat gerade im Mittelfeld so viele Alternativen wie die deutsche Nationalmannschaft.





Die EM kann kommen!

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